Raphael Walser
Der Ruf der Berge
Endlich ist die erste eigene CD aufgenommen, der Debütant ist happy und überlässt den Rest der Plattenfirma. So ist es normalerweise. Raphael Walser hat seinen Auftakt jedoch bis ins Detail geplant. Vom Albumtitel bis hin zum Cover, das er gestalten ließ, ist dem jungen Bassisten aus Zürich ein Wurf gelungen, mit dem wir die Reihe der JTNG wieder einmal in die allseits geschätzte Alpenregion verpflanzen.

„Ich würde sagen, es geht um eine relativ freie Interpretation der Stücke, und das sollte man eigentlich auch hören. Dass da viel Freiheit drinsteckt. Ansonsten gibt es neben den energetischen Momenten auch nachdenkliche, zum Teil melancholische.“ Deshalb ziehe es ihn auch so oft in die Berge, sagt er; er ist bereits wieder auf dem Sprung dahin: „In den Bergen zu sein bedeutet für mich eine elementare Freiheit. Diese Freiheit soll auch in der Musik spürbar sein, ich empfinde das beim Spielen mit dieser Band so; dieses Gefühl ist unser Approach, unsere Stücke zu spielen.“

Walser schreibt die Stücke allerdings nicht als Zuschnitt auf die einzelnen Solisten. „Sie sind meistens so aufgeschrieben wie Standards, also ein Leadsheet mit der Melodie und den Akkorden. Das interpretieren wir dann und dabei entstehen dann mit dem Spielen die eigentlichen Abläufe. Da ist nichts streng vorkomponiert.“ Wenn bei einer Komposition mal die Bläser dominieren, dann hat sich das im Spiel ergeben, das ist nicht unbedingt beabsichtigt, sagt Walser. Hin und wieder entwickelt er auch ein dichteres Konzept, wie etwa bei der bedächtig schreitenden Figur in einem Stück, das er in Anlehnung an die klassische Tanzform „Passaglia“ betitelt hat. Justin Vernons „The Wolves (Act I And II)“ erhält in der Version von Walsers GangArt ein ziemlich verändertes Klanggewand; statt der extremen Brust- und Kopfstimme von Bon Iver nachzuspüren, verlegen nun die beiden Saxofone den Sound in die Tiefe. „Die wollten es so interpretieren, ganz aus dem Moment heraus ist das entstanden. Es ist wirklich sehr anders als das Original, aber ich finde, es transportiert die Idee der Komposition sehr gut“, kommentiert der freiheitsliebende Bandchef und erklärt nebenher, dass er mit der Sorte Folk und Roots, wie sie gelegentlich bei Frisell, Scofield, Norah Jones oder eben Bon Iver gepflegt wird, sympathisiert. Und ergänzt: „Ich wollte keinen eigenen Folksong schreiben, weil es schon so viele schöne Songs gibt.“
Der Titel des Albums ist ein Wortspiel aus dem Bandnamen GangArt und dem Song von Bon Iver: „Wolfgang“ (Double Moon/New Arts Intl). „Irgendwie ist es lustig, dass man einer CD einen wirklichen Namen gibt, wie einem Kind. Dieser Gedanke hat mir gefallen.“ Und alles, was sich mit dem wilden Tier assoziieren lässt, welches das Cover des Albums schmückt: Längst treibt der Wolf sich in den Schweizer Alpen herum, in denen Raphael Walser so gerne unterwegs ist. Für deren Musik hat er eine deutliche, wenn auch knappe Beschreibung parat: „Die Berge klingen monumental, elementar, wild, ruhig, unperfekt schön, lebendig, sich stetig verändernd/entwickelnd, geerdet und luftig zugleich.“






