GANNA: Utopia

GANNAGANNADie ukrainische Stimmkünstlerin GANNA hat mit „Utopia“ (Bertold Records/Cargo) ihr vorläufiges Magnum Opus vorgelegt. „Ich mag es, Neues zu entdecken“, sagt die 1989 als Ganna Gryniva geborene Sängerin, die 2002 mit ihrer Familie als Kontingentflüchtling aus der Ukraine nach Deutschland kam. „Es ist ein völlig neues Klanguniversum, das gleichermaßen von Folk und Jazz beeinflusst ist. Ich musste meine eigene musikalische Sprache finden, mal verträumt, mal tanzbar, mit Synthesizern, Loops und anderen Musiker/-innen. Ich erlaube mir, völlig frei zu sein und das zu verwenden, was am besten zu jedem Lied passt.“ Schon seit geraumer Zeit experimentiert sie also mit fantasievollen, analog und digital produzierten Soundscapes, die sich mit traditionellen Melodien und Chören aus ihrer Heimat vermischen, basierend auf Field-Recordings, die während einiger ihrer Reisen in die Ukraine entstanden sind.

Neun Tracks sind nun auf’s zweite Album dieser Art nach „Kupala“ 2023 gekommen – mal knackig-rituell wie in „Mermaids“, mal winterlich wie in „Rano“, alles eingespielt mit Mund- und Handperkussion, Daumenklavier, folkigen Flöten sowie dezenten elektronischen Klangflächen. Zwischendurch wird es akustikpoppiger wie im Titelstück mit dem US-amerikanischen Trompeter Ambrose Akinmusire als Gast. Dann gleitet man mit den Ohren über die Landkarte der Ukraine und fühlt, wie sich hier die Musik der Großmütter schlüssig mit der Moderne verzahnt. Doch der Moment, der am meisten unter die Haut geht, ist die innige Vertonung der Kriegslyrik „Zemlya“ des Aktivisten Grigory Semenchuk. „Hoffnung ist manchmal das Einzige, was uns am Leben hält“, betont GANNA: „Die ukrainischen Volkslieder sind Teil meiner Utopie: ein Raum für mein Land und um meine Kultur sichtbar zu machen.“ Im Dezember wird die Sängerin ihre musikalische Utopie auch wieder in ihrer Heimat Ukraine zu Gehör bringen: am 7. Dezember im Fam Factory Art Center in Lwiw und am 12. und 13. Dezember beim JAZZ BEZ International Jazzfestival in Ternopil.

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GANNA

Text
Stefan Franzen & Martin Laurentius
Foto
Dovile Sermokas

Veröffentlicht am unter News

Stop Over 4 – Perspectives