RIP: Klaus Doldinger
Klaus DoldingerSeit der Gründung 1971 stand die Band Passport im Mittelpunkt des Schaffens von Klaus Doldinger. Das schlicht mit dem Bandnamen betitelte Debüt (übrigens mit Udo Lindenberg am Schlagzeug) war dann auch die erste Veröffentlichung eines Deutschen, die auf Atlantic Records erschienen ist. Mit Passport hatte der 1936 in Berlin geborene Saxofonist ein Gefäß zur Hand, in dem er nach Belieben seine Jazzmusik mit Rock und Pop, Soul und Funk mischen konnte. Dabei ist er keine Kompromisse eingegangen. Von Anfang an fanden die hypnotischen Bassriffs des Rock, die singbaren Melodien des Pop und die geshuffelten Grooves des Funk wie selbstverständlich Eingang in den Sound dieser Band.
Schon früh setzte sich Doldinger auch mit den Musiken der Welt auseinander. Während einer Tournee durch Marokko entdeckte er zum Beispiel die Musik (Nord-)Afrikas, bereits auf den ersten Platten von Passport mischte er den rhythmischen Flow Südamerikas in den Jazz-Rock seiner Band. Diesem „Anything goes“ ist Doldinger zeitlebens treu geblieben. Mit Passport fühlte er sich auch und gerade in dem Raum zwischen den Gattungen und Genres am Wohlsten, dort fand er die Freiheit, um sich als Komponist und Instrumentalist austoben zu können. Natürlich mit eigenem Ausdruck: „Von der bildenden Kunst habe ich gelernt, wie wichtig es ist, eine persönliche Handschrift zu haben“, hat er einmal gesagt, „es nützt nichts, etwas zu schreiben, was so alltäglich ist, dass es ins Ohr rein- und gleich wieder rausgeht.“
Noch als Schüler war er Pianist der Düsseldorfer Dixieland-Band The Feetwarmers, später wechselte er zum Saxofon und zur Klarinette. Bei den Feetwarmers lernte er den Pianisten, Organisten und Trompeter Ingfried Hoffmann kennen, der ab 1962 Mitglied in seinem Quartett wurde. Mit diesem Quartett spielte Doldinger einen am Bebop orientierten Modern Jazz und veröffentlichte 1963 sein Debütalbum „Doldinger – Jazz Made In Germany“. In dieser Zeit begann er auch als Paul Nero Rocksongs und Tanzmusik zu produzieren. Mit diesem Pseudonym wollte er seine kommerziellen Arbeiten strikter von seiner Karriere als ernsthafter Jazzmusiker trennen. Doch eigentlich hatte er einen Aliasnamen nicht nötig: So, wie Doldinger später seine Gebrauchsmusik für TV, Film und Werbung stets durch jazzige Kanten gerne mal aus dem Tritt brachte, so spielte er oftmals auch einen Jazz, der mit populärer Musik aus der jeweiligen Zeit angereichert war.
Doldinger besaß ein untrügliches Gespür für das, was beim Publikum ankam. Das zeigte sich auch 1970, als er die „Tatort“-Titelmelodie komponierte. Seitdem ist er sonntäglich in den deutschen Wohnzimmern präsent, obwohl sein Jingle für diese erfolgreiche ARD-Krimiserie rhythmisch äußerst komplex ist. Er war dann auch für die Soundtracks einer ganzen Reihe von „Tatort“-Filmen verantwortlich, komponierte unter anderem für die TV-Serien „Ein Fall für zwei“ und „Liebling Kreuzberg“, seine Musik für „Das Boot“ von Wolfgang Petersen 1981 machte ihn dann weltweit bekannt. Doldinger bekam 1978 das Bundesverdienstkreuz, wurde 1997 mit dem Bayerischen Filmpreis und 2010 mit dem Bayerischen Fernsehpreis ausgezeichnet. Gleich zweimal erhielt er für sein Lebenswerk einen ECHO: 1996 den ECHO Pop und gut 20 Jahre später den ECHO Jazz. Am 16. Oktober ist Klaus Doldinger im Alter von 89 Jahren gestorben.
Auch Bundespräsident Franz-Walter Steinmeier hat Doldingers Ehefrau Inge kondoliert. „Unser Land hat eine große deutsche Jazzlegende verloren. Der Saxofonist und Komponist Klaus Doldinger war ein herausragender Musiker mit schier unerschöpflicher Energie und Kreativität, gerade im Bereich der Improvisation, der mit unzähligen international führenden Jazzmusikern auf der ganzen Welt zusammengearbeitet hat“, so Steinmeier: „Mit der von ihm 1971 gegründeten, einflussreichen Band Passport probierte er unterschiedlichste Stile aus und entdeckte ganz neue Klangwelten, die uns ohne ihn verschlossen geblieben wären. Klaus Doldingers Musik, von künstlerischer Exzellenz, Freiheit und Hingabe geprägt, hat durch ihre besondere Ausdruckskraft die Herzen eines großen Publikums erobert.“
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