Richie Beirach
Leaving
Jazzline/Broken Silence


Solo – das ist immer so ein Ding. Entweder man kanns oder man verzettelt sich im Gefühl des überbordenden Selbstbewusstseins. Über Richie Beirachs Qualitäten am Piano muss man nicht mehr diskutieren. Warum er aber – ähnlich wie Kenny Barron – über 40 Jahre von seinem ersten Alleingang am Flügel bis zum nächsten verstreichen ließ, liegt wohl an seiner Philosophie, Musik als kollektiven Kreativprozess zu begreifen. Vielleicht wären ja auch regelmäßige Soloaufnahmen bei weitem nicht so anregend, überraschend und berührend geworden wie nun „Leaving“, das der gerade 76 gewordene Amerikaner im Château Fleur Cardinale bei Saint Emilion einspielte. Beirach nimmt sich – natürlich – die Standards des „Great American Songbook“ vor. Wer aber eine konturlose Reproduktion von Evergreens wie „Nardis“, „Round Midnight“ oder „On Green Dolphin Street“ erwartet, den führt der Wahl-Pfälzer auf völlig abseitige Wege. Schon das Intro von „What Is This Thing Called Love“ allein wäre jeden Kaufpreis wert. Das Manifest eines leidenschaftlichen Visionärs, der den Jazz mit all seinen Geheimnissen verstanden hat.