Thomas Quendler

Der Ruf der vollen Töne

Ein Klavier musste her, die Harmonika war nicht genug. Ein paar Jahre später hört man den Kärntner Pianisten Thomas Quendler schon mit „Awaking“ als Nr. 109 der Reihe „Jazz thing Next Generation“.

Thomas Quendler – Awaking (Jazz thing Next Generation Vol. 109, Cover)

Als Nächstes ist Wien an der Reihe. Thomas Quendler hatte sich beim Ö1 Jazzstipendium beworben und wurde von der Jury ausgewählt. Er ist damit der achte Preisträger dieser noch jungen Auszeichnung und kann nun seinen Master an der Privatuniversität Jam Music Lab machen. „Das kam wirklich sehr kurzfristig“, meint der Kärntner Pianist, „und Graz ist eigentlich super. Ich war jetzt fünf Jahre in der Stadt und habe dort eine Menge gelernt. Ich habe bei Olaf Polziehn studiert, das war so cool. Er unterrichtet sehr strukturiert, sehr präzise. Und ich hätte den Master auch in Graz gemacht, aber der Olaf hat mir empfohlen, noch anderswo hinzugehen, um anderen und neuen Input zu bekommen.“

Ab Herbst also Wien, die nächste Station des 24-jährigen Kärntners. Denn schon Graz war eine neue Umgebung für den Jugendlichen aus Wolfsberg, der als Teenager seine Steirische zur Seite gelegt hatte, um von der Harmonika zum Klavier zu wechseln. „Zu Hause gab es immer Musik. Meine Eltern haben in einer Unterhaltungsband gespielt, meine Mutter hatte viele Platten – Stan Getz und solche Sachen. Mein Cousin hat Klavier gespielt, das hat mich auch ziemlich interessiert. Mit 13 habe ich dann Klavier gelernt, erst klassisch, nach zwei Jahren auch Jazz. Das war der Anfang und für mich ein Aufwachen. Am Klavier ist eigentlich alles möglich, die Harmonika ist da viel beschränkter.“

Immerhin kann man sie mitnehmen und überall spielen. Klavier ist manchmal umständlicher. Thomas Quendler spielt derzeit in zwei Fusionbands: Kernfusion und Originalnerds. Da lernt man neben dem Spaß am Groove auch die lästigen Seiten des Musikerdaseins kennen: Keyboards schleppen und aufbauen, umständliche Soundchecks, nicht vorhandene Instrumente, wenn man die eigenen Geräte nicht mitnimmt. Es ist der übliche Stress des Tourlebens und auch ein Grund, weshalb man die Liebe zum Klaviertrio entdecken kann. Jedenfalls ist der Klassiker der Jazzbesetzung deutlich weniger aufwendig und hat zugleich den Reiz des Grundlegenden, die Klarheit einer Bandkommunikation im Dreiergespräch.

„Awaking“ (Double Moon/New Arts) als Debüt unter eigenem Namen ist daher ein Trioalbum im traditionellen Setting. „Eigentlich war es auch Teil meines Bachelor-Projekts“, erzählt Quendler weiter. „Man sollte für den Abschluss eine CD aufnehmen, und ich dachte mir, dann mache ich das lieber gleich g’scheit. Ich habe viel geschrieben, wir haben viel geprobt, und dann ist es auch gut ausgegangen. Trio hört sich für mich wahnsinnig cool an: Man hat so viele Möglichkeiten, Sachen zu arrangieren und auszuprobieren. Deshalb war das für mich die naheliegende Wahl.“

Thomas Quendler (Foto: Gerhard Langusch)

Neben Quendler selbst gehören der Kontrabassist Jakob Gönitzer und der Schlagzeuger Jonas Kocnik zum Team. Alle drei kennen sich schon aus Schulzeiten. Sie haben so viel miteinander gespielt, dass es gar nicht infrage kam, für die Aufnahmen mit anderen Musikern zu arbeiten. Sie haben auch unbequeme Zeiten des Studiums zusammen erlebt.

„Ich habe angefangen zu studieren, und dann kam Corona: alles zu, keine Sessions. Nichts ging mehr, außer Unterricht und eben gelegentliche Treffen mit alten Freunden, um Musik zu machen.“ So entstand noch mehr Gemeinsamkeit und es wuchsen Kompositionen heran, die das verarbeiteten. „Awaking“ bezieht sich als Titelstück auf das künstlerische Erwachen, aber eben auch diesen Moment, als sich plötzlich die Clubtüren wieder öffneten.

Überhaupt klingt Quendlers Musik in Haltung und Wirkung positiv. Zwei Coverstücke finden sich auf dem Album, einmal von Ellington, eines von Tania Maria. Der Rest sind Originals mit viel popgetönter und rhythmisch akzentuierender Lust an akkordischer Wucht und harmonischer Dichte. „Ich versuche immer, alles so musikalisch wie möglich zu gestalten. Klar, manchmal kann man sich auch austoben. Aber wenn es mir zu viel wird, fahre ich das herunter. Ich verlasse mich da auf meinen Bauch.“

Quendlers Trio spielt souverän in sich verzahnt. Er selbst erweist sich als musikantischer und gerne opulent ausgreifender Pianist mit Hang zum lebensfroh-vollmundigen Modern Sound. Sein Team umrahmt ihn, unterstützt ihn, fordert ihn freundschaftlich heraus. Die Richtung stimmt, Wien und das Stipendium werden Thomas Quendler weitere Wege weisen, als neugieriger Künstler mit Anker in der Tradition.

Jazz thing präsentiert
Thomas Quendler
19.09. Wien/A, RadioCafé des RadioKulturhauses
15.11. Wolfsberg/A, Container 25

Booking MaWeMarketing | Martina Weinmar

Text
Ralf Dombrowski
Foto
Gerhard Langusch

Veröffentlicht am unter 160, Heft, Live things, Next Generation