Stop Over 3: A Residency Program

„Stop Over“ („Zwischenlandung“) nennen die IG Jazz Berlin als Vertreterin der Hauptstadt-Musiker/-innen, der Trompeter Till Brönner und die Deutsche Jazzunion ihre Aktion, mit der sie ihr „House Of Jazz – Zentrum für Jazz und Improvisierte Musik“ imaginieren wollen, das sie seit 2016 als Ankerinstitution für einen integrativen und progressiven Produktions-, Präsentations-, Vermittlungs- und Vernetzungsort in Berlin zu realisieren versuchen.

Lukas Akintaya (Foto: Odelia Toder)

Der erste „Stop Over“ zum Jahresanfang, als man im Haus 4 der Alten Münze in Berlin-Mitte ein Jazzzentrum improvisiert hatte, sorgte für eine Überraschung, weil Berlins amtierender Kultursenator Joe Chialo (CDU) kurz zuvor verkündet hatte, dass diese Liegenschaft nicht mehr, wie geplant, für ein „House Of Jazz“ zur Verfügung stehe, sondern ganz einem kreativwirtschaftlichen Player überlassen werde. Der Tatsache zum Trotz, vorerst keinen festen Ort in Berlin zu haben, blieb die „House Of Jazz“-Gruppe aber weiterhin am Ball, organisierte im Sommer ein zweites „Stop Over“ als Konzertserie im Berliner Radialsystem und schrieb dann noch eine Residenzphase für Januar 2025 als dritte Zwischenlandung aus.

Evi Filippou (Foto: Leon Maria Plecity)

„Mit dem dritten ,Stop Over’ wenden wir uns an die ganze deutsche Szene“, erläutert die Berliner Harfenistin Kathrin Pechlof als Mitglied der Initiator/-innengruppe für ein „House Of Jazz“. „Tatsächlich haben sich aus nahezu allen Bundesländern Musiker/-innen für das Residenzprogramm beworben. Bei vielen konnten wir schon aus den Anträgen erkennen, dass sich spannende internationale Kooperationen ergeben werden.“ Ein Kuratorium unter anderem mit der Sängerin Cymin Samawatie, dem Trompeter Bastian Stein und Louis Rastig vom A L’ARME! Festival hat im Oktober getagt und aus allen Bewerbungen sechs Künstler/-innen für „Stop Over 3: A Residency Program“ ausgewählt, die ihre Ergebnisse nach einer mehrtägigen Probenphase am 18. und 19. Januar im Konzerthaus Berlin uraufführen werden. „Mit unserer Wahl für das Konzerthaus wollen wir ein Zeichen setzen, dass wir auch Orte der Hochkultur bespielen“, unterstreicht Pechlof.

Natalie Greffel (Foto: Camila Berrio)

Beim Residenzprogramm dabei ist der Schlagzeuger Lukas Akintaya, der unter anderem mit der in Berlin lebenden, englischen Saxofonistin Cassie Kinoshi seine Perspektive auf den Jazz als spirituelle Praxis vorstellen wird. Aus Köln reist der Saxofonist Fabian Dudek in die Hauptstadt, um mit einem international besetzten Quartett eine collagenartig-prozesshafte Komposition einzustudieren, während die Vibrafonistin Evi Filippou eine Suite über die altgriechischen Riten von Eleusis vor Publikum aufführen wird.

Die Sängerin und Bassistin Natalie Greffel wird eine interdisziplinäre Performance erarbeiten, mit der Geschichten von afrodiasporischen und indigenen Erfahrungen aus fünf Kontinenten erzählt werden. Die Vibrafonistin und Perkussionistin Kasia Kadłubowska beschäftigt sich mit „Weißem Gesang“, einer Vokaltechnik, die in der Folklore Polens, Weißrusslands, Bulgariens und der Ukraine weit verbreitet ist. Und mit dem Komponisten und Multiinstrumentalisten Douglas R. Ewart von der Chicagoer „Association for the Advancement of Creative Musicians“ wird der Berliner Saxofonist und Elektrokomponist Ignaz Schick ein Live-Hörspiel zum Thema Donald Trump und Rohstoffmissbrauch verwirklichen.

„Stop Over 3: A Residency Program“

Text
Martin Laurentius
Foto
Odelia Toder, Leon Maria Plecity, Camila Berrio

Veröffentlicht am unter Live things

STOP OVER 3 - A Residency Program
CLOSE
CLOSE