Jazz und andere Sorgen

Lisa BassengeSo, nun sitze ich hier und soll eine lustig-satirisch-ironische Glosse verfassen. Schwerpunkt: Jazz. Zur Zeit ist das ungefähr dasselbe wie mich zu beauftragen, einen Aufsatz über Nuklearmedizin oder Flugzeugbau zu formulieren. Im Moment würde es mir leichter fallen, über Säuglingspflege zu schreiben, über Schlafgewohnheiten von Neugeborenen, Eifersucht größerer Geschwister, Kinderärzte, Milcheinschuss, Windelwechsel und darüber, warum mein Bauch jetzt immer noch so aussieht, als wäre das Baby noch drin. Ist Babygeschrei eigentlich auch Jazz? Brötzmann würde sagen: ja. Egal. Ich muss mal schnell gucken, was da los ist.

Endlich, Klappe zu, Baby schläft.

Dieses Geschrei ist auf jeden Fall fast so stressig wie ein Freejazz-Konzert. Das macht mich ja irre, diese Leute, die auf solchen Konzerten abhängen und dann immer so wissend mit dem Kopf mitnicken, so nach dem Motto: Klar, ich bin ja auch künstlerisch veranlagt und verstehe total, um was es hier geht, ja besser noch: Ich kann mich da total hineinversetzen und außerdem groovt es tierisch. Da sag ich nur: HA! Gib doch zu, dass du jetzt lieber bei einem korrekten Bierchen abchillen und dazu „Dancing On Ice, das große Finale“ auf RTL glotzen würdest. Stattdessen sitzt Du da rum und gibst den Mitwisser. Na ja, man ist ja auch unter Beobachtung bei so einem Konzert, bei den 2-3 Leuten im Publikum muss man schon auf sein Erscheinungsbild achten. (So ist es mir früher auch immer gelungen, Musiker kennen zu lernen, d.h., BEVOR ich wusste, dass man nie, NIE, also wirklich NIEMALS!!!!!, eine Beziehung mit einem Jazzmusiker eingehen sollte. Na ja, dazu ein andermal.)

Das geht ja recht flott voran hier, schon 1500 Zeichen. Super. Worüber könnte ich denn noch schreiben? Öko-Tanten, die Shakespeare-Gedichte vertonen? Hotelzimmer-Blues? Eifersüchtige Pianisten? Wer mit wem auf welchem Festival? Fiese Abzocker-Clubbesitzer? Unfassbar niedrige Gagen? Oder auch sehr schön: Vocal Groups, die Soli transkribieren und dann so biografische Texte darüber verfassen. So nach dem Motto „Charlie and Lester at Birdland“. ÄRX BÄRX!!!!!!!! Ene miste miste, Bird steigt in die Kiste, Miles noch dazu und raus bist du. A shuliadoowop!!!

Mich juckt es so komisch am Kopf, ich muss mal schnell ins Bad: schauen, ob ich aus dem Kindergarten die Läuse mitgebracht habe. Also auf Wiedersehen, alles Liebe und bis bald,
Eure
Lisa Bassenge

Veröffentlicht am unter Blog thing

jazzfuel

5 Kommentare zu „Jazz und andere Sorgen“

  1. Dankeschön. Das war nett. Kinder sind schon ein Geschenk… ;)
    lg

  2. Ach liebe Lisa Bassenge, ist älter sein schön, und Mann sein. Alles längst hinter sich haben. Okay, keinen Milcheinschuss, aber Kindergarten, Impftermine, Windpocken, Elternabende und so weiter und so fort. Und dann sind die Töchter plötzlich selbst so alt Töchter zu bekommen. Klappe zu, Töchter groß.
    Aber keine hört Jazz. Keine macht Musik, nicht mal das. Nylon bleibt Kunststoff, allenfalls Robbie Williams und: Papa, was hörst du denn da schon wieder?
    Ach hätte ich doch eine Jazzmusikerin geheiratet. Und dieses Jucken auf dem Kopf bin ich auch nie wieder losgeworden.

  3. Hallo meine liebe Lisa, ergötzlich, kenne ich alles, sogar die Läuse aus dem Kindergarten…das mit den Musikermännern auch, naja, weißt, vielleicht, wenn gar nix mehr geht, schreibst du…das ist super, macht den Lesern Spass, du siehst nicht ihr Kopfwackeln…allerdings ist es nicht so kommunikativ wie auf der Bühne stehen..und 2 Leute im Publikum-4 auf der Bühne…mein Gott, Ihr seid ja schon eine Massenveranstaltung…Es wird besser, Kinder wachsen, Männer verstehen uns Frauen nie, aber wir gewöhnen uns dran, auch an unsere Mutterbäuche, und dann kommen die Enkel und das ist auch klasse, solange du innen drinnen bleibst wie du bist, kann gar nichts passieren…und du, meine Süsse bleibst immer die unverwechselbare Lisa!

  4. liebe lisa,
    schön aufgeschrieben,
    wenn auch etwas bissig im mittleren absatz.
    aber im grunde genommen zeigt sich,
    dass du dich mit den wichtigen dingen im leben beschäftigst – und wichtig, dass du dieses bewußtsein mit deinen hörerInnen/leserInnen teilst und ihnen so einen blick in das echte leben der im auto sitzenden, gestylten lisa bassenge gibst. nicht nur wichtig, sondern immer noch auch mutig.

    liebe grüße an deine drei ›mausis‹,
    b

  5. Ach keine angst, keine Angst. Kommt zeit kommt rat kommt Fusselbart (ist geklaut!).
    Mit dem Alter kommt dann auch die Gelassenheit, Wahnsinniges geduldig zu ertragen. Jazzgeschrei und Freebays gehören dazu. Und das sich des Lebens Focus verschieb und verwackelt ist doch auch bekannt.

    Wenn Du, liebe Lisa, hier schon so einen schicken, vollen Einkaufswagen an Themenvorschlägen heranschiebst, so laß doch Dein Publikum entscheiden!

    Ich stemme an dieser Stelle mit nachdruck für
    1. Jazzmusiker als Lebensgefährten (bislang keine Erfahrung, aber jede menge Hörensagen)
    2. Mitnickende Freejazzer mit kognitiven Entwicklungsbarrieren
    und
    3. Wer mit wem auf den Jazzbrettern dieser Welt!

    WIE? WIR SIND HIER NICHT IN DER BUNTEN? HOCHKULTUR?

    Nagutdannebennicht.

    Bleib dran und uns allen gewogen!

    miles