Irisches Soulfood

Landpartie mit Werner Seifert, Karsten Jahnke und Tom Glagow

Karsten Jahnke, Werner Seifert, Tom GlagowNein, kein Fahrstuhl zum Schafott, sondern crosscountry zurück in die Küche. Hier wartet noch das feine Käsepaket, das Karsten von seiner Lieblings-Affineuse erworben hatte. Extra für JazzCooks. Silke Cropp zog es einst nach Irland, und sie fing als ausgebildete Grundschullehrerin mit der Ziegenzucht an. Ihre selbst erzeugten Käse sind mittlerweile hoch prämiert. Leider gibt es derzeit (noch) keinen Vertrieb in Deutschland, der ihre Ware feilbietet, aber wer will, kann gerne über ihre Homepage bestellen: www.corleggy.com. Karsten liebt den Kuhkäse mit Kreuzkümmel: „Da könnte ich mich reinsetzen!“ Er tut es nicht – so können wir uns am späten Abend diesen Köstlichkeiten hingeben.

Doch zuvor kümmern wir uns ums Abendessen. Girlie stellt sich der Aufgabe des Kartoffelschälens, Tom schnippelt alles, was ihm in den Weg kommt, mit völlig unschnippischem Blick. Werner hat die Hauptaufgaben mit Fisch- und Lammzubereitung inne, deren Ablauf nach einem minutiös ausgearbeiteten Plan vonstatten geht. Eisenhart. Das ist Planerfüllung.

Studioeigner Seifert zeigt äußerste Aufgeräumtheit in der Küche. Nach getaner Arbeit wird das eben noch benutzte Geschirr sofort gereinigt. Tom achtelt Äpfel im 4/4-Takt. Mit einem Keramikmesser. Solcherart Geschirr muss seit „9/11″ mit Metallstift unter dem (Plastik-)griff versehen werden, damit es auf Flughäfen von Röntgengeräten überhaupt erfasst werden kann. Wehe, es fällt auf den Keramikboden…

Quinta da CaridadeEine bescheidene Anzahl von Rotweinflaschen wird geöffnet und der Lüftung ausgesetzt: Quinta da Caridade (Vinho Regional Extremadura) – kein Kork in County Cork. Mannschaftsdienliches Küchenwerken überall. Die Lachsfilet-Hälften werden auf Zitronenscheiben drapiert und nach der Würzung mit getrockneten Tomaten und Pesto belegt. Zwischendurch wird die Apfeltarte hergestellt. Kandierter Fruchtzuckersaft ergießt sich aus der Form, perfekt für vorbeihuschende Schleckermäuler. Tom buttert mit Inbrunst die nächste Form. Chapeau. Lauch und Schinken werden angebrutzelt für die delikate Quiche, die den Salat begleiten soll. Im Topf schmurgelt das tomatisierte Lamm, Fenchel hüpft. Welch wunderbare Kruste bildet sich da auf der Lauchquiche? Sieht blendend aus. Rosmarin gesellt sich zu den im Ofen zu garenden Kartoffeln. Der Salatmeister halbiert kleine Kirschtomaten und spricht eine Zauberformel. Schlussendlich wird das in der Schüssel ausgewählte vegetarische Rot-Grün mit Karstens Spezialsauce vermählt. Ein Agent besonderer Couleur.

Von da an tritt meine Erinnerung in den Hintergrund, verlieren sich die Spuren des Abends. „One Night with Blue Note“ heißt der Film, der zur Apfeltarte läuft. Spuren von Port in meinem Mund. Alles in Butter. Gastfreundschaft. Irland, wir kommen wieder. Fünf Uhr morgens klingelt das Taxi… Motto der Rückreise: Mandarine statt Margarine.

Menüfolge

Karstens Salat mit Lauchquiche
Lachs mit jungen Kartoffeln aus dem Ofen
Fenchellamm mit Risotto
Irischer Käse mit altem Port
Apfeltarte

Karstens Salatsaucenrezept

für vier Personen

  • 4 EL Olivenöl
  • 4 EL Balsamico
  • 3 EL Sojasauce
  • 2 TL Senf
  • 2 TL Akazienhonig
  • eine Prise Kreuzkümmel
  • 10 Umdrehungen aus der Pfeffermühle
  • 1 gepresste Knoblauchzehe zum Ausreiben der Schüssel
Text
Dieter Ilg
Foto
Steven Haberland

Veröffentlicht am unter 87, Jazz cooks

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